Gemeindebrief April bis Juli 2025

St. Johannes Kirche Zirkow „Klingelbeutel“

Liebe Binzerinnen und Binzer! Liebe Gäste!

Im Gottesdienst ist jemand eingeschlafen. Plötzlich schreckt er auf, weil er angeschubst wurde von jemandem mit einer Stange, an der vorne etwas befestigt ist. Der Verschlafene schaut kurz auf und murmelt: Gehen Sie weiter! Das ist nicht meine Mütze!


Eine Mütze an einer Stange?


In der Kirche von Zirkow wurde früher ein Klingelbeutel benutzt, um im Gottesdienst die Kollekte einzusammeln. Im Verzeichnis der Bau- und Kunstdenkmale von Mecklenburg-Vorpommern, Vorpommersche Küstenregion, Gerd Baier und Horst Ende, von 1995, ist vermerkt: Klingelbeutel, 19. Jahrhundert, gedrechselter Stab mit Messingtülle und rotem Samt.


Der Samt ist verblaßt, der Stoff eingerissen und abgeschabt. Und die Klingel? Eine Rüsche aus Goldbrokat ziert den Boden des Beutels. Vielleicht war da auch mal ein Glöckchen, um die Gläubigen auf die Pflicht des Spendens aufmerksam zu machen. Diese „Pflicht“ wurde früher während des Abendmahls erfüllt. In Zirkow gab es noch sehr lange die Tradition, nach der Austeilung von Brot und Wein ein Geldstück auf den Altar zu legen zum Zeichen dessen, daß wir von dem im Abendmahl empfangenen Segen etwas weitergeben sollen an die Bedürftigen. Inzwischen wird kein Glöckchen mehr geläutet zur Kollekte, niemand Verschlafenes mit einer Stange angeschubst, sondern es wird Kollekte gesammelt am Ende des Gottesdienstes. Am Ausgang steht in Zirkow eine hölzerne Spendenbox. In Lancken-Granitz, wo es laut Denkmalverzeichnis Ohle/Baier von 1963 auch einmal einen inzwischen nicht mehr auffindbaren Klingelbeutel aus dem Jahr 1681 gab, wird Kollekte am Ausgang in ein Körbchen gesammelt. In Binz auch.


Kollekte ist wichtig zur Erhaltung unserer Kirchen und zur Aufrechterhaltung unserer Gemeindearbeit. Allen Spenderinnen und Spendern danke ich sehr herzlich. An zwei Sonntagen im Monat wird außerdem Kollekte für soziale Zwecke gesammelt, für das Schullandheim Sassen, wo wir mit Konfirmanden hinfahren, zum Beispiel. Oder für die Telefonseelsorge oder für den Hospizdienst. Die Aktion „Brot für die Welt“ ist wahrscheinlich die größte aller Kollektensammlungen. In unserem Bereich sind 2024 knapp 1500,00 € zusammengekommen. Auch dafür danke ich Ihnen sehr herzlich.


Aber Kollekte ist nicht nur Geld! Das lateinische Wort collectio heißt Sammlung und auch Versammlung. Kollekte sind gewissermaßen auch wir, wenn wir uns zum Gottesdienst versammeln. Auch sonst sollen wir uns versammeln und gute Gemeinschaft pflegen, in der alle willkommen sind. Niemand soll allein dastehen.


Kollekte heißt aber auch, daß jeder Mensch sich sammeln kann und soll. Unsere Gedanken und Gefühle sollen nicht aufgescheucht sein durch Zukunftsangst, durch Verunsicherung, durch das Gefühl von Verlorensein in einer Gesellschaft, in der alle durcheinanderschreien. Jeder Mensch soll sich sammeln, die Gedanken und Gefühle sammeln, damit jeder Mensch bei aller äußeren Verunsicherung vertrauensvoll leben kann. Gott will uns Menschen mit großer Barmherzigkeit sammeln, sagt der Prophet Jesaja (Jes. 54,7). Gottes Weisheit will uns zur Besonnenheit leiten (Weisheit 9,11) und Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit (2.Timotheus 1,7). Unsere Gedanken können wir sammeln unter der Maßgabe des Bibelwortes für dieses Jahr 2025: Prüfet aber alles, und behaltet das Gute (1.Thessalonicher 5,21).


Ihre Pastorin


Christel Handt

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